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SPD SV Lebach 

Mitteilungen

31.03.2011

Haushaltsrede in der Stadtratssitzung vom 31. März d. J.

Anna Schmidt, Fraktionsvorsitzende

Unsere Fraktionsvorsitzende, Anna Schmidt, erklärt die Position der SPD zur desolaten Finanzsituation der Stadt Lebach. Hieraus ein Zitat: "Die Stadt Lebach hat nun die Vorgabe, jedes Jahr 262 000 € einzusparen, was erhebliche Einschnitte und Strukturveränderungen zur Folge haben wird, ohne jedoch die strukturelle Unterfinanzierung wirklich beheben zu können."

Herr Bürgermeister,

verehrte Kolleginnen und Kollegen,

 

Friedel Kühn hat in der Ratssitzung am 24. Februar 2011 im Zusammenhang mit der Beratung der Jahresrechnung 2008 bereits Grundsätzliches zu finanziellen Situation der Stadt Lebach und zu denkbaren Trampelpfaden aus der Misere gesagt. Ich zitiere hier eine Kernaussage seiner Ausführungen:

 

„Aktuell belaufen sich die Kreditverbindlichkeiten der Stadt, unter Berücksichtigung der des Eigenbetriebes „Bäder“, der Zweckverbände und Gesellschaften bereits auf 90 Millionen Euro. An der Diagnose gibt es nichts zu deuteln: Die Stadt hat ein Existenzproblem. Die Schulden bedrohen die Handlungsfähigkeit der Stadt. Die Gesamtverschuldung der Stadt nähert sich bedrohlich der Zahl von 100 Millionen Euro. Der Ausblick auf die künftige Entwicklung zeigt uns, dass das Eigenkapital der Stadt dramatisch sinkt und spätestens im Jahr 2013 eine bilanzielle Überschuldung droht, die einer Insolvenz gleichkommt.“

 

Der Einschätzung der Situation wurde inhaltlich nicht widersprochen, trotzdem hat Kollege Dieter Heim die Ausführungen Friedel Kühns als „Thema verfehlt“ bewertet. Wie kann es nun sein, dass jemand – ausgehend von einer vorgelegten Jahresrechnung - eine aktuelle Gesamtschau der finanziellen Situation seiner  Stadt leistet und dafür ein „ungenügend“ einfährt?

Das kann dann sein, wenn derjenige, der bewertet, seine Rolle verfehlt, d.h., wenn es so betörend schön sein muss, am Katzentisch der (städtischen) Macht sitzen zu dürfen, dass man vergisst, dass man nicht schon immer dort saß – z.B. im Jahr 2008 noch nicht – und dass man deshalb den Bürgermeister, des „es“ damals schon war, Stellung nehmen lassen kann, ohne sich mannhaft vor ihn werfen zu müssen.

Also: nicht Thema verfehlt – Rolle verfehlt.

 

Nach dem kleinen Exkurs in die letzte Sitzung nun zurück zum vorgelegten Haushalt 2011. Da Friedel Kühn in seinen Ausführungen am 24. Februar bereits die grundsätzliche Haltung der SPD-Fraktion zur finanziellen Lage der Stadt verdeutlicht hat, muss ich dies hier nicht mehr tun und kann mich auf einige Anmerkungen zum aktuellen Haushalt vor dem Hintergrund der Schuldenbremse beschränken.

 

Dieser Haushalt ist der erste unter den Vorzeichen der Schuldenbremse, die in diesem und den nächsten 9 Jahren den entscheidenden Rahmen setzt, da sie das Land zwingt, binnen 10 Jahren, vom Ausgangsdefizit 2010 kommend, seine Neuverschuldung auf 0 € herunterzufahren.

Direkt trifft die im GG verankerte Schuldenbremse die Kommunen nicht, da sie sich nur auf die Länder und den Bund bezieht. Indirekt ist natürlich auch die kommunale Ebene betroffen, da der kleiner werdende finanzielle Spielraum von Bundes- und Landesebene sowohl zum Schrumpfen der Finanzausgleichsmasse als auch der Zuschuss- und Fördertöpfe führt. Da die Verschuldung aller staatlichen Haushalte (inklusive Neben- und Schattenhaushalten) mittlerweile rund 2 Bio € beträgt, muss die Konsolidierung auf allen 3 Ebenen erfolgen, wenn sie – auch nur ansatzweise – gelingen soll.

Der finanz. Handlungsfähigkeit der Kommunen kommt dabei eine besondere Bedeutung zu, da 60% aller Investitionen von ihnen geleistet werden. Die Investitionen der öffentlichen Hand sind jedoch in den letzen 8 Jahren rückläufig gewesen, ein allerorten sichtbarer Investitionsstau und wirtschaftliche Probleme des Mittelstandes sind die Folge.

Die Stadt Lebach hat nun die Vorgabe, jedes Jahr 262 000 € einzusparen, was erhebliche Einschnitte und Strukturveränderungen zur Folge haben wird, ohne jedoch die strukturelle Unterfinanzierung wirklich beheben zu können. Was muss geschehen, damit der Teufelskreis durchbrochen werden kann:

Wenn alle 3 staatlichen Ebenen gemeinsam den Weg aus dem Schuldenmachen suchen wollen, dann müssen die Ebenen zusammenarbeiten und einander helfen.

 

Jede Ebene tut das , wozu sie geschaffen wurde, ohne sich auf Kosten einer/ der anderen zu entlasten.

 

Beispiel: Bei den Verhandlungen zum neuen Hartz IV-Regelsatz und zum Bildungspaket ist es den kommunalen Spitzenverbänden gelungen, die Kosten für die Grundsicherung im Alter an den Bund zurückzugeben, wo sie auch hingehören, da es keine kommunale Aufgabe ist, die Folgen einer verfehlten Arbeitsmarktpolitik, fehlender Mindestlöhne und daraus resultierender Altersarmut und der demografischen Entwicklung zu tragen. Nur zur Info: Diese Grundsicherungskosten werden von heute 3,9 Mrd. auf 6 Mrd. € im Jahr 2015 anwachsen. Eine Hypothek! Hier ist es erstmals gelungen, die Verlagerung von Aufgaben und damit Kosten von oben nach unten zu stoppen, dem Konnexitätsprinzip wieder Geltung zu verschaffen.

Die Sozialausgaben insgesamt haben sich in den letzen 20 Jahren verdoppelt. Sie allein schon drohen die (kommunalen) Haushalte völlig zu überstrapazieren, das Ansteigen der Kreisumlage von 56,19% auf 66,07% und damit für Lebach um 680 760,00 € auf nunmehr 9 518 784,00 € (lt. Vorwort) macht dies deutlich. Allein diese Steigerung macht alle Konsolidierungsbemühungen zunichte und führt vor Augen, dass bei dramatisch steigenden Ausgabenposten das Heil nicht allein aus der Reduzierung der Ausgaben kommen kann. Dann wird man, wenn man die Standards im Sozial-, Gesundheits- und Bildungsbereich nicht absenken kann oder darf, weil sie gesetzlich festgeschrieben sind, die Einnahmeseite betrachten müssen.

Seit in den frühen 90 er Jahren der neoliberale Zeitgeist sein Unwesen zu treiben begann, hat es kontinuierlich Steuersenkungen gegeben (bis hin zum Höhepunkt des Klientel-Steuersenkungs-Unsinns, dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz, besser bekannt als Hotelierssteuer, für das sich heute sogar die FDP schämt), die alle dazu führ(t)en, dass bei steigenden Anforderungen an staatl. Leistungen (z.B. bessere Bildung, Euro-Rettungsschirm) dessen finanz. Möglichkeiten kontinuierlich sinken.  Fachleute gehen davon aus, dass die Schuldenbremse nur gezogen werden kann, wenn die Steuerquote um mindestens 1-2 Punkte erhöht wird.

 

Das heißt, es gibt überhaupt gar keinen auch noch so winzigen marginalen Spielraum für Steuersenkungen!! Im Gegenteil!!

Die Vermögenssteuer wartet darauf, wieder erhoben zu werden.

 

Dauerbrenner in der steuerpolitischen Debatte der letzten Jahre sind wohl vom Tisch; die gute alte Gewerbesteuer, deren Abschaffung ein Herzensanliegen unserer gelben Freunde war (ehemals running gag aller Haushaltsberatungen) erfreut sich bester Gesundheit, sogar in der Gemeindefinanzkommission gibt es mittlerweile einen Konsens, dass sie erhalten bleibt, weil es keinen vergleichbar guten Ersatz für sie gibt. Hier muss – nach dem sogen. Kommunalmodell – sogar eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlagen erfolgen, denn alle, deren wirtschaftliche Betätigung Nutzen aus der kommunalen Infrastruktur zieht, müssen sich über die Entrichtung dieser Steuer am Erhalt und Ausbau dieser Infrastruktur beteiligen.

 

Aber auch hier gilt: Auch mit einer Verbreiterung der (eigenen) kommunalen Einnahmenseite (dazu später noch mehr) gelingt kein Ausbrechen aus dem Verschuldens-Teufelskreis, der vor allem in den Kassenkrediten (1 700 € pro Kopf) steckt. Hier muss es am Anfang des Entschuldungsprozesses einen Pakt zwischen den Kommunen und dem Land geben, der zu den eigenen Anstrengungen der Kommunen die Hilfe des Landes gibt:

Die Einsetzung einer paritätisch besetzten Gemeinde-Land-Finanzkommission für den gesamten Zeitraum von 10 Jahren, die als erstes die Modalitäten einer „Altschulden“-Regelung erarbeitet nach dem Vorbild anderer Länder. Ziel: Einstieg in eine nachhaltige Lösung des Kassenkreditproblems.

 

Mit den obigen Ausführungen gehe ich ein auf eine Forderung aus dem Vorwort des Haushaltes 2011; dort wird auf S. 19 gefordert:

„Die historisch schlechte finanzielle Situation der Kommunen braucht nicht nur kurzfristige ‚Carepakte’ in Form von Konjunkturhilfen, sondern ein Konzept, eine Art kommunalen ‚Marschall-Plan“. Erste Bemerkung: das Carepaket Konjunkturhilfen hat richtig geholfen, war gute Politik!

 

Prinzipiell gebe ich dem Autor des Fazits und Ausblicks mit der Forderung nach einem Marschall-Plan recht, muss aber feststellen, dass ihm dazu wenig Hilfreiches und Konstruktives einfällt:

 

1)    Reduzierung von 3 Spitzenverbänden auf 2 neue, die arbeitsteilig für „minderbemittelte“  bzw. reiche Kommunen zuständig sind. Frage: Hat es je Habenichtsen genützt, wenn sie ohne Druckmittel in existenzieller Not mächtigen Pfeffersäcken gegenübersaßen. Was soll dieses Konstrukt?

2)    Possierlich ist die Selbsteinschätzung von der „fleißigen, intelligenten und innovativen“ Kommune, die es dennoch nicht schafft, in die schwarzen Zahlen zu kommen. Wieso gibt es fleißige etc. Kommunen, die erst gar nicht so in die roten Zahlen gekommen sind, während die anderen fleißigen dick in der Tinte sitzen. Und wieso fällt der Verwaltung unserer intelligenten Kommune so wenig dazu ein, wie ihr „unter die Arme“ gegriffen werden kann (s.o.)?

3)    Völlige Fehlanzeige aber bei den Vorschlägen zu weiteren Konsolidierungsmaßnahmen. Hier belässt es der Autor bei Allgemeinplätzen, die dem Anspruch, einen Ausblick zu geben, nun eben gar nicht gerecht werden. Anstelle konkreter Vorschläge, welche kommunalen Projekte und Leistungen nicht mehr zu finanzieren sein werden, will der Autor den Versuch starten, „das negative Image des Kommunalpolitikers hinsichtlich Kostendisziplin und Schuldenbewusstsein grundlegend zu ändern. Natürlich fällt es schwer, das Lebenselixier des Politikers, das ‚Geldausgeben’, zu beschneiden.“ Und weiter „…die Beschneidung von Besitzgegenständen irgendwelcher Interessengruppen gehören ebenfalls auf den Prüfstand.“

Donnerwetter. Ich bin beeindruckt und hätte jetzt gerne   gewusst, was damit gemeint sind.

 

 

Und hier wird es richtig ärgerlich.

Seit Jahren schon üben sich die gescholtenen Politiker in finanzieller Zurückhaltung. Während früher die Beratungen des Investitionsprogramms einer „Wünsch-dir-was-Sendung“ glichen, sind sie seit Jahren eine deprimierende Veranstaltung, wo das Machbare dem Wünschenswerten enge Grenzen setzt. Aber: Die „Altlasten“ aus den „Wünsch-dir-was-Zeiten“ in Form außerordentlich üppiger Infrastruktur stehen nun zur Überprüfung an und hier drückt man sich. Die Verwaltung verpasst die Chance, am Beginn des Schuldenbremsenprozesses einen Marschall-Plan des geordneten Rückbaus vorzulegen, der möglichst minimalinvasiv aber nachhaltig vorgeht.

Immer wird die Frage im Raum stehen, was man sich noch leisten kann, was erhalten bleiben muss, wenn die Gemeinschaft nicht zu sehr leiden darf, und was an Aufwuchs noch möglich sein muss. Hierzu ist es hoch spannend, die Diskussionen um das Stadtgartenbad in SLS und den Stadionneubau in Saarbrücken zu beobachten.

Welche Überlegungen stammen noch aus einer reichen Zeit und müssen über Bord geworfen werden und wo beginnt das Angst- und Kaputtsparen, welches unsere Kommunen und das Land einem schleichenden Verfall preisgibt.

 

In der SZ vom 30.3.2011 diskutiert man das Pro und Contra eines Stadionneubaus folgendermaßen:

 

Plädoyer für die Zukunft: „Ohne mutige Investitionen in Sport, Kultur und Freizeit wird das Land auf Dauer ausbluten – und abgehängt werden im Wettbewerb mit Luxemburg, Lothringen und Rheinland-Pfalz, die sich solchen ‚Luxus’ gönnen. Das ist der Kern: Ein Land, das sich nur noch auf das Allernotwendigste beschränkt, ist auf Dauer nicht zukunftsfähig.“ (B. Bernarding)

 

Projekt Größenwahn: „Das Saarland hat bereits 12 Mrd. Schulden aufgetürmt, die Landeshauptstadt schiebt ein Defizit von 850 Mio. € vor sich her. Stadt und Land fehlt das Geld, um Schlaglöcher in den Straßen zu stopfen. In den kommunalen Hallen und Schulen wartet ein enormer Investitionsstau auf Erledigung. … Wenn die blau-schwarzen Politiker nun aber – trotz Schuldenbremse – ein Stadion als Leitinvestition in die Zukunft bezeichnen, darf das getrost als Scheinargument zur Rechtfertigung dieses Projektes Größenwahn gewertet werden.

(M. Jungmann)

 

Darüber sollte man vielleicht mal mit seinen Bürgern ins Gespräch kommen, da - wie der Autor meint -, der Zeitgeist „’Politik auf Pump’ immer mehr ablehnen“ werde.

Damit das klar ist, Herr Kollege Heim und alle anderen: Es ist nicht Aufgabe der Opposition, einen Sparmaßnahmen-Katalog bei der Verwaltung einzureichen, Aufgabe der Opposition ist die kritische Würdigung des Vorgelegten.

Nur vielleicht so viel als Anregung: Haben Sie den Mut, einen Bürgerhaushalt vorzulegen? Sind Sie bereit, mit den Menschen, die sich dafür interessieren, in einen Dialog einzutreten, was um welchen Preis erhalten werden soll? Wir sind nicht naiv und glauben, dass man wegen des übergroßen Interesses für die Diskussion eines Bürgerhaushaltes in Lebach die Stadthalle mieten müsse, aber Erfahrungen aus andren Städten zeigen, dass die Veröffentlichung des Haushaltsentwurfes im Netz durchaus zu interessanten Reaktionen und Vorschlägen führen kann und damit auch zu einer größeren Akzeptanz schmerz-hafter Einschnitte, die wohl kommen müssen. 

Kann man – und hier schließt sich der Kreis zu den steuerpolitischen Überlegungen – z.B. mit seinen Bürgerinnen und Bürgern eine Übereinkunft erzielen, dass eine Anhebung der Grundsteuern hilft, die Stadthalle zu erhalten, die KiTas auszubauen und die Löcher in den Straßen zu stopfen?

 

Hierüber sollten die Verwaltung und die vorgelagert zusammenarbeitenden schwarz-gelben Freunde mal nachdenken. Einem Haushalt, der Ideen zu diesen existenziellen Zukunftsfragen enthält, kann dann vielleicht auch die Opposition zustimmen, diesem kann sie nicht zustimmen.

 

 

Anna Schmidt

Dateien:
Haushaltsrede_2011_02.pdf (26 K)

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