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SPD SV Lebach 

Mitteilungen

04.03.2008

Gedanken einer Sozialdemokratin zum Bergbau

Anna Schmidt, Fraktionssprecherin

Unsere Bergleute sehen schwarz für ihre Zukunft -   schwärzer als Kohle

Etwa 20 Bergleute sind der Einladung von SPD-Stadtverband und SPD-Stadtratsfraktion gefolgt und haben am Montagabend (3.3.2008) im Gasthaus Röder über ihre berufliche und familiäre Situation seit der Verhängung des Abbaustopps beim Bergwerk Saar berichtet.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Sorge um die berufliche Zukunft schwang in allen Redebeiträgen mit:

  • Wie wird es weiter gehen?
  • Wird man eine weitere Chance bekommen und das Bergwerk wieder anfahren?
  • Gibt es alternative, schonendere Abbaumethoden?
  • Gibt es andere Kohlelagerstätten, die wirtschaftlich zu erschließen sind?
  • Wird die Landesregierung die Zeit lassen, dies alles zu prüfen?
  • Haben die Bergleute überhaupt noch eine Chance?

 

Vor diesem Hintergrund hat Anna Schmidt, die SPD-Fraktionsvorsitzende im Stadtrat Lebach, eine persönlich-politische Erklärung abgegeben, welche die Zustimmung der Anwesenden gefunden hat:

 

 

 

 

Lebach, 1. März 2008

 

Gedanken einer Lebacher Sozialdemokratin zur Krise unseres Bergbaus an der Saar

 

Es war ein ganz normaler saarländischer Samstag: Die Menschen kehrten die Straße, sie wuschen ihre Autos, sie putzten ihre Wohnungen, und die Mutigen nutzten das Vorfrühlingswetter, um zum ersten Mal in diesem Jahr den Schwenker anzuwerfen. Saarländisches Idyll.

 

Und dann war um 16.31 Uhr pötzlich alles irgendwie anders: Das bislang heftigste bergbaubedingte Beben mit einer Schwinggeschwindigkeit von 93 mm/sec erschütterte die Region.

 

Tief erschrockene Menschen rannten auf die Straße; Risse in Häusern und Straßen zeugen von der Heftigkeit der Erschütterung; der beschädigte Glockenturm der Kirche St. Blasius in Saarwellingen und die Gesteinsbrocken auf der Kirchentreppe sind zum Symbol geworden für ein einschneidendes Ereignis, für eine tiefgreifende Zäsur in der Geschichte unseres Saarlandes.

 

Die Deutsche Steinkohle (DSK/ RAG) hat umgehend ihr Bergwerk stillgelegt, und die saarländische Landeregierung hat ebenso umgehend einen unbefristeten Abbaustopp verhängt. Und seither fragen sich alle, wie es weitergeht.

 

Um es gleich vorweg zu sagen: Ein Unternehmen, das nicht dafür garantieren kann, dass es bei der Ausübung seiner wirtschaftlichen Tätigkeit Menschen nicht an Leib und Leben gefährdet, darf so nicht weitermachen. Hier sind wir uns alle einig; und aus diesem Grund haben auch alle Parteien den Abbaustopp gutgeheißen.

 

Aber was kommt nun?

 

Auf die erste Stockstarre in der Folge des Bebens folgte die des Abbaustopps. Das, was viele sich gewünscht und viele gefürchtet hatten, ist Wirklichkeit geworden: Das Bergwerk arbeitet nicht mehr, die ersten Beschäftigten haben ihre Kündigung, die anderen sitzen zuhause, sehen einer ungewissen Zukunft entgegen und haben Angst vor der Zukunft.

 

Aber die Beben haben aufgehört, und tausende Menschen im Landkreis Saarlouis hoffen, nun ohne Angst vor den Erschütterungen leben zu dürfen.

 

Bei allem Verständnis dafür, dass sich viele Menschen sehr freuen, dass "es" wohl zu Ende ist, überwiegt bei mir die Sorge.

 

Vor meinem geistigen Auge ziehen die unzähligen Debatten der Jahre seit dem 5.1.2001 vorbei, als wir in Lebach die erste Stadtratssitzung zum Thema "Bergbau-Beben" hatten. Es ist mir mein Versuch, die Beteiligten zum Dialog zu bewegen - durch die Einrichtung eines Runden Tisches - in lebhafter Erinnerung, und auch das Scheitern dieses Versuches, weil sich schnell herausstellte, dass dieser Konflikt auf das unversöhnliche Aufeinandertreffen der Bergbaugeschädigten und vom Bergbau Lebenden hinausläuft und dass es hier auf die Dauer keinen Interessenausgleich geben kann, sondern nur eine Entscheidung für die einen oder die anderen.

 

Und jetzt, da die Entscheidung getroffen zu sein scheint und klar zu sein scheint, dass der Bergbau an der Saar schnell stirbt, empören mich die Lügen und Halbwahrheiten, mit denen ich mich und mit denen sich auch SPD-Genossinnen und Genossen in Lebach und im ganzen Land seit Jahren auseinandersetzen musste(n):

 

  • Es empört mich das Gequatsche eines Hubert Ulrich von den Grünen, der uns weismachen wollte, dass wir in Lothringen ein Vorbild für einen gelungenen Strukturwandel nach dem Ende des Bergbaus vor Augen hätten. Dass man die Subventionen, die in den Bergau fließen, umwidmen könnte in Subventionen für andere Branchen. Aber weder Berlin noch Brüssel können/wollen/werden uns helfen. Diese Subventionen fließen für das Produkt "Steinkohle" und damit für Energiegewinnung und nur dafür und für sonst gar nichts! Dies hat die Bundesregierung in den letzten Tagen mehrfach deutlich gemacht!
  • Es empört mich die Politik einer FDP, die genau wusste, dass der Bergbau Geld und Arbeit ins Saarland bringt (gerade auch für mittelständische saarländische Unternehmen), die den Bergbau aber bekämpfte, weil sie hoffte, mit den Stimmen der Bergbaubetroffenen bei der nächsten Landtagswahl die 5 %-Hürde leichter überspringen zu können.
  • Es empört mich die Politik einer CDU, die erstmals im Jahr 1999 mit dem Versprechen, dass es mit einem CDU-Ministerpräsidenten Peter Müller keinen Abbau unter bewohntem Gebiet mehr geben werde, um die Stimmen der Bergbaubetroffenen geworben hat, und die es in 9 Jahren nicht geschafft hat, eine Plan zu erarbeiten, wie das sozialverträgliche Auslaufen des Bergbaus an der Saar gestaltet werden kann. Diese CDU-Landesregierung steht jetzt vor der Aufgabe, die größte Krise seit Bestehen des Saarlandes zu bewältigen. Diese Herausforderung ist noch größer als die der Stahlkrise: Es sind noch mehr Menschen betroffen, und das Saarland hat mittlerweile 10 Mrd. € Schulden! 
  • Und es empört mich der Unfug, der in Bezug auf den Beitrag unserer Kohle zu unserer Energieversorgung von vielen Seiten geäußert wurde: Heimische Steinkohle wird nie mehr konkurrenzfähig! Die saarländische Kohle ist aber schon konkurrenzfähig, und es wird – schon bald – der Tag kommen, da die Menschen fragen, wer denn auf die verrückte Idee gekommen ist, angesichts der explodierenden Energiepreise und der weltweiten Rohstoffkrise die heimische Energiegewinnung abzuwickeln.
  • Und es empört mich vor allem das, was den Bergleuten und ihren Familien in den letzten Jahren angetan wurde. Seit Jahrhunderten waren Bergleute hier ehrbare Leute, die mit ihrer schweren und gefährlichen Arbeit nicht nur ihre Familien ernährten, sondern auch wesentlich zu unser aller Wohlstand beitrugen. Diese Menschen mussten nun erleben, wie aus geachteten Arbeitern binnen weniger Monate "Terroristen" wurden, die Leib und Leben ihrer Mitmenschen gefährdeten, obwohl sie nur ihren Job machten. Sie haben jetzt nicht nur ihre Arbeit verloren, man hat sie – ohne Not - auch ihrer Ehre beraubt.

  • Sogar ihr Lied, das alte "Glück auf, der Steiger kommt", wurde ihnen genommen und von einem Herrn Edi Zauberfinger zu einem Kampflied gegen den Bergbau umgetextet. Er möge sich schämen!
  •  

So wie diejenigen, die den Bergbau verteidigten, erschraken, als sie am vergangenen Samstag, dem 23.2.2008, sahen, was er in unserer Region schlimmstenfalls anrichten kann, so mögen diejenigen, die ihn beenden woll(t)en, erkennen, welch große Bedeutung er für unser geliebtes, kleines Saarland hat, und was es folglich für uns alle heißt, wenn er sterben sollte.

                       

                      Was wünsche ich mir?

                       

                         

                      Die SPD hat in all den Jahren – völlig zu Recht - darauf hingewiesen, dass Eigenständigkeit und Zukunft des Saarlandes eng mit dem Bergbau verknüpft sind, und dafür haben wir in unserer Region viel Prügel bezogen.

                       

                      Aber jetzt – in der Stunde der Not - sind wir unter der Führung von Heiko Maas, so wie damals in der Stahlkrise unter der Führung von Oskar Lafontaine, bereit, unseren Beitrag zur Rettung des Saarlandes zu leisten: die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, die Betriebsräte, die IGBCE, der DGB und alle der Sozialdemokratie und unserem Saarland gleichermaßen verbundenen Unternehmen und Menschen.

                      Dateien:
                      Gedanken_zum_Bergbau_01.pdf (159 K)

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